Zur Krähenproblematik hatte ich auf Anregung von Bürgerinnen und Bürgern aus Achim und Thedinghausen bereits im Juni den Umweltminister Olaf Lies angeschrieben. Dieser macht in seiner Antwort darauf aufmerksam, dass für eine Verbesserung des Gesundheitsschutzes von Menschen im Umfeld von Krähenkolonien nach geltendem EU-Recht zwingend eine Prüfung und Entscheidung des Einzelfalls erforderlich sei. Nur in diesem Rahmen könne sich auch eine Rechtssetzung des Landes bewegen. Nach den Möglichkeiten einer Landesverordnung hatte ich mich erkundigt, weil eine solche im Rahmen der Achimer Krähen-Diskussion gefordert worden war.
Der Umweltminister bestätigt gleichzeitig, dass der Bestand an Saatkrähen in den vergangenen Jahren von 2013 bis 2017 weiter angestiegen ist: Waren es 2013 niedersachsenweit noch etwa 21.000 Tiere, habe der Bestand 2017 bei etwa 28.000 gelegen. Abschließende neuere Zahlen lägen dem Ministerium für die Folgejahre noch nicht vor, nach anerkannter Fachmeinung dürfte der Bestand jedoch derzeit bei etwa 30.000 Tieren liegen. Olaf Lies macht weiter deutlich: „Aus niedersächsischer Sicht wäre der Erhaltungszustand der Art damit als gut zu bezeichnen.“ Im Zusammenhang mit dem Gesundheitsschutz, so heißt es in dem Ministeriumsschreiben weiter „lassen sowohl EU- als auch Bundesrecht bereits Ausnahmen zu. Gründe der menschlichen Gesundheit und Lärmbelästigung können, was auch mehrfach gerichtlich bestätigt wurde, Maßnahmen gegen Saatkrähen rechtfertigen.“ Soweit Anträge von betroffenen Gemeinden vorliegen, könne die zuständige Untere Naturschutzbehörde diese prüfen, so das Umweltministerium. Dafür dienten die vom Umweltministerium herausgegebenen „Handlungsempfehlungen zur Lösung von Konflikten mit brütenden Saatkrähen in Niedersachsen“.
Auch auf meine Frage, wie es das Umweltministerium beurteilt, dass in verschiedenen EU-Ländern laut Anhang der EU-Vogelschutzrichtlinie die Bejagung von Krähen erlaubt sei, in Deutschland aber nicht, wird in der Ministerantwort eingegangen: Das habe historische Gründe. Zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Vogelschutzrichtlinie sei die Saatkrähe in Deutschland eine seltene Brutvogelart gewesen, die in den meisten Bundesländern (Niedersachsen eingeschlossen) auf der Roten Liste gestanden habe. Aus Sicht meiner Sicht war das zum Zeitpunkt der Entstehung der EU-Vogelschutzrichtlinie nachvollziehbar. Aber dass die Regelung jahrzehntelang nicht angepasst worden ist, kann ich nicht nachvollziehen. Eine Aktualisierung der EU-Vogelschutzrichtlinie, welche die derzeitige Verbreitung der Vogelarten berücksichtigt, ist überfällig. Dass eine solche Änderung des EU-Rechts nicht von heute auf morgen zu erreichen ist, ist mir auch als stellvertretende Vorsitzende des Europaausschusses des Landtags klar. Aber ich bin bereit, weiter „dicke Bretter zu bohren“.
Link zu den erwähnten „Handlungsempfehlungen zur Lösung von Konflikten mit brütenden Saatkrähen in Niedersachsen“ des Nds. Umweltministeriums:
https://www.umwelt.niedersachsen.de/download/97411/Handlungsempfehlungen_Saatkraehen.pdf
Link zur EU-Vogelschutz-Richtlinie:
https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:020:0007:0025:DE:PDF