„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
wer in Emtinghausen wohnt und in Verden die Berufsschule oder gymnasiale Oberstufe besucht, muss für ein Schüler-Monatsticket mehr als 80 Euro bezahlen. Absolviert jemand aus Dörverden eine Berufsausbildung in Rotenburg, kostet das Azubi-Monatsticket knapp 120 Euro im Monat. Wenn dann in einer Familie mehr als ein Jugendlicher gleichzeitig die weiterführende Schule besucht, wird es im ländlichen Raum besonders teuer…
Wegen derart hoher Kosten habe ich von Schülerinnen, Schülern und Eltern aus meiner Heimat die Anliegen „kostenfreie Schülerbeförderung auch für weiterführende Schulen“ oder „kostengünstiges Jugend-Ticket“ mitgenommen hierher in den Landtag.
Weil Bildungschancen nicht davon abhängen dürfen, ob jemand auf dem Land oder in der Stadt wohnt, hat die SPD dieses wichtige Thema erst in ihr Regierungsprogramm aufgenommen, deswegen steht es im Koalitionsvertrag und deswegen wird hart an der Umsetzung gearbeitet!
Ich bin ja auch ein ungeduldiger Mensch. Aber Politik ist manchmal das Bohren dicker Bretter. Hierzu tragen die komplexen Tarifstrukturen bei uns im Land und die geteilten Verantwortlichkeiten für den Schienenpersonennahverkehr und den Öffentlichen Personennahverkehr bei.
Und die krassen Auswirkungen der Corona-Krise auf Bus und Bahn, aber auch auf unsere öffentlichen Haushalte machen das Brett nicht dünner, das hier gebohrt werden muss. Da sind Beharrlichkeit, Kreativität und Klugheit gefragt. Und ich bin froh, dass unsere Landesregierung bei diesem Thema alles drei zeigt.
Vielen Dank an unseren Kultusminister Grant Hendrik Tonne und Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann. Durch sie ist hier und auch schon bei der Unterrichtung im Wirtschaftsausschuss im November deutlich geworden:
Die Landesregierung arbeitet gemeinsaman einer Lösung aus drei Bausteinen.
Baustein 1 ist bereits umgesetzt:
Ein niedersachsenweites Freizeit-Ticket für unter 21Jährige wie Schülerinnen und Schüler, Freiwilligendienstleistende und Azubis im Schienenpersonennahverkehr gibt es seit dem 13. Dezember 2020 für unter 30 Euro im Monat.
Baustein 2 ist die flächendeckendeEinführung regionaler Schüler- und Azubi-Tickets, auch für Freiwilligendienstleistende, zum Preis von maximal 30 Euro im Monat durch die Kommunen mit finanzieller Unterstützung des Landes. Dazu laufen intensive Verhandlungen zwischen dem Land und den Kommunen. Die Kommunen, die ja Aufgabenträger des Öffentlichen Personennahverkehrs sind, haben übrigens auch ein Eigeninteresse an solchen Jugendtickets: Schließlich wollen sie junge Menschen in ihren ländlichen Räumen halten. Deswegen haben einige wie die Region Hannover und der Regionalverband Großraum Braunschweig auch bereits regionale Ticketlösungen entwickelt. Der Heidekreis hat eine Lösung für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II auf den Weg gebracht. Auch anderswo gibt es vor Ort gute Lösungen – aber eben noch nicht überall – auch wenn die Kommunen seit der vergangenen Wahlperiode bereits 20 Mio. Euro mehr jährlich über das Niedersächsische Landesnahverkehrsgesetz erhalten.
Baustein 3 ist die Beauftragung eines Gutachtens zu den Kosten und Umsetzungsmöglichkeiten, mittelfristig die Tariflandschaft im ÖPNV und SPNV in Niedersachsen allgemein bzw. speziell im Bereich der Schüler-, Freiwilligen- und Azubitickets zu vereinheitlichen.
Wie geht es jetzt weiter?
Ich bin zuversichtlich, dass sich die Landesregierung und die Kommunen zeitnah – also vor dem Beschluss der Landesregierung zum Entwurf für den Doppelhaushalt 2022/23 – zum zweiten Baustein einigen.
Wenn das der Fall ist, wenn also die Höhe der erforderlichen finanziellen Unterstützung vom Land an die Kommunen geklärt ist, die für die flächendeckende Einführung regionaler Schüler- und Azubi-Tickets für maximal 30 Euro im Monat durch die Kommunen nötig ist, dann kann die Landesregierung die erforderliche Summe in ihrem Haushaltsentwurf für den Doppelhaushalt berücksichtigen. Das wird eine Kraftanstrengung, aber ich bin zuversichtlich, dass der Durchbruch gelingt – und wir flächendeckend in Niedersachsen spätestens zum Schuljahr 2022/23 regionale Tickets für Schüler, Freiwilligendienstleistende und Auszubildende bekommen. Lassen Sie uns gemeinsam weiter daran arbeiten!“