Das Verdener Gespräch ist am Donnerstag, 23.04.2020 in der Verdener Aller-Zeitung erschienen:
Danke, dass wir gemeinsam im Kampf gegen die Corona-Pandemie bis hierher gekommen sind! Nicht nur im direkten Kampf gegen das Virus und bei der Aufrechterhaltung unserer kritischen Infrastruktur in Bereichen von A wie Abfallbeseitigung über B wie Behindertenhilfe über K wie Krankenhäuser und S wie Supermarkt bis zu Z wie Zeitung wird derzeit unter schwierigen Bedingungen Unglaubliches geleistet. Aber auch Kinder, die nicht mit ihren Freunden spielen dürfen, Eltern, die eine Betreuung ihrer Kinder zu Hause und gleichzeitig Berufstätigkeit miteinander vereinbaren und diejenigen, die Risikogruppen angehören, und auf Besuch verzichten, bringen einen hohen Einsatz.
Die im März auch in Niedersachsen zunächst exponentiell ansteigende Verbreitung des neuartigen Corona-Virus konnte vorläufig gestoppt werden. Jeder und jede an Covid 19 Erkrankte konnte bisher die gute medizinische Versorgung erhalten, wie wir sie hier im Kreis Verden gewohnt sind. Anders als in Norditalien sind unsere Krankenhäuser derzeit nicht überlastet.
Deswegen wagt unser Land mit der seit Montag geltenden „Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus“ einen kleinen Schritt in Richtung Normalität: So können Geschäfte mit bis zu 800 qm wieder öffnen, wenn sie den Mindestabstand, durchschnittlich 10 qm pro Person sowie Hygiene gewährleisten. Auf Wochenmärkten darf wieder die gewohnte Angebotspalette verkauft werden, nicht nur Lebensmittel. In Seniorenheimen oder Wohnrichtungen für Menschen mit Behinderungen durften bisher nur palliativmedizinisch Betreute besucht werden. Jetzt sind Ausnahmen vom Besuchsverbot möglich, wenn die Einrichtungsleitung mit einem Hygienekonzept nachweist, dass ein geschützter Kontakt möglich ist. Die Notbetreuung wird ausgeweitet. Die Schule und Berufsausbildung starten in der kommenden Zeit schrittweise wieder, mit Hygienekonzepten und verkleinerten Lerngruppen. Mit seinem Schritt in Richtung Normalität hält sich Niedersachsen an die Vereinbarung zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern. Wie von ihnen allen vor nur einer Woche vereinbart, wurde in Niedersachsen bisher dringend empfohlen, beim Einkaufen und im öffentlichen Personennahverkehr eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Nachdem allerdings immer mehr Länder ihre Position verändert haben, haben Niedersachsen, NRW und Rheinland-Pfalz gestern beschlossen, das gemeinsam auch schon ab dem 27.4. zur Pflicht zu machen. Ministerpräsident Stephan Weil und Kanzlerin Angela Merkel bin ich dankbar für ihr sachliches, ruhiges Corona-Krisenmanagement und den gemeinsamen Einsatz für gemeinsame bundesweite Lösungen aller Länder. „In der Krise zeigt sich der Charakter“ hat Helmut Schmidt einmal gesagt.
Nun kommt es weiter auf uns alle an. Abstand halten. Wenn möglich, zu Hause bleiben. Diese historische Krise ist leider kein Sprint sondern ein Langstreckenlauf. Erst in ein bis zwei Wochen wissen wir, wie sich die ersten Lockerungen auswirken. Noch steht kein Impfstoff zur Verfügung. Das Corona-Virus darf sich nicht so stark verbreiten, dass unser Gesundheitswesen überlastet würde. Das Ziel bleibt: Alle Menschen müssen bei uns gut medizinisch versorgt werden können. Um es mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu sagen: „Jeder Einzelne muss sich jetzt fragen: Was kann ich tun, um die Ausbreitung zu verlangsamen? Was kann ich tun, um Alte und Kranke zu schützen?“ Gleichzeitig ist es wichtig, dass alle, die andere Erkrankungen haben als Covid 19, notwendige medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Es kommt darauf an, auch denjenigen zu helfen, die durch Corona-Bekämpfungen gefährdet sind: Kinder und Jugendliche, die nicht mehr weiter wissen, auf die „Nummer gegen Kummer“ 116111 aufmerksam zu machen; Frauen in Not den Hinweis auf das Hilfetelefon 08000116016 und den Tag und Nacht erreichbaren Frauennotruf 04231/961970 zu geben. Ratlose Eltern können sich an die 08001110550 wenden. Weil in Folge der Corona-Pandemie-Bekämpfung wirtschaftliche Existenzen gefährdet sind, haben Bund und Land Milliardenrettungspakete für Wirtschaft und Arbeitnehmer beschlossen. Für manche Branchen wie z. B. Gastronomie, Hotels, für den ganzen Tourismusbereich und die Schausteller muss da noch mehr folgen.
Unsere Grundrechte bleiben vorerst durch die Kontaktbeschränkungen massiv eingeschränkt. Weil das so schwer wiegt, ist die Landesverordnung in weiten Teilen auf nur zwei Wochen befristet. Nach den zwei Wochen wird vor dem Hintergrund des dann aktuellen Infektionsgeschehen neu entschieden. Ministerpräsident Stephan Weil hat von Anfang an deutlich gemacht: Wenn die Infektionszahlen wieder steigen, kann es auch sein, dass Lockerungen wieder zurückgenommen werden müssen. Sollten die Infektionszahlen unter Kontrolle bleiben, wird in der nächsten Woche bei der Videokonferenz der Regierungschefs von Bund und Ländern über Spielplätze und Sport mit Mindestabständen und Hygieneauflagen gesprochen. Auch die Religionsausübung in Zeiten von Corona wird Thema sein. Aber wer kann sich ein Schützenfest vorstellen, bei dem nach dem einen oder anderen Bier in diesem Sommer Mindestabstände aller Gäste von 1,5 Metern zueinander eingehalten werden?
Was mich zuversichtlich stimmt: Niedersachsen hält zusammen. Auch wenn wir in diesen Tagen mindestens 1,5 Meter voneinander entfernt sein sollten, können wir füreinander da sein. Für diesen Zusammenhalt gibt es zahlreiche Beispiele bei uns im Kreis. Mein großer Dank gilt allen Beteiligten. Machen Sie bitte weiter so!